Allgemeine Geschäftsbedingungen, wonach eine Bank beim Tode eines Kunden wählen kann, ob zur Klärung der Rechtsnachfolge ein Erbschein bzw. Testamentsvollstreckerzeugnis oder die Eröffnungsverhandlung nebst einer beglaubigten Abschrift des Testaments oder Erbvertrags des verstorbenen Kunden vorzulegen ist, sind unwirksam.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit folgender Klauseln, die die beklagte Sparkasse unter Nr. 5 (1) ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet:

„(1) Erbnachweise. Nach dem Tode des Kunden kann die Sparkasse zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlegung eines Erbscheins, eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder ähnlicher gerichtlicher Zeugnisse verlangen; fremdsprachige Urkunden sind auf Verlangen mit deutscher Übersetzung vorzulegen.

Die Sparkasse kann auf die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichten, wenn ihr eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder Erbvertrag des Kunden sowie die Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung vorgelegt wird.”

Der Kläger hat die beklagte Sparkasse erfolglos abgemahnt, die weitere Verwendung der streitgegenständlichen Klauseln zu unterlassen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Mit seiner Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, diese oder inhaltsgleiche Klauseln gegenüber Verbrauchern zu verwenden. Darüber hinaus verlangt er die Erstattung von Abmahnkosten i.H.v. insgesamt 214 EUR nebst Zinsen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung blieb erfolglos (OLG Hamm, ZEV 2013, 678). Die beklagte Sparkasse hat Revision erhoben.

Der Senat stellt zunächst fest, dass der Erbe kraft Gesetzes nicht verpflichtet ist, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen; er könne diesen Nachweis auch in anderer Form führen.

Von dieser gesetzlichen Grundregel weiche die Beklagte nach dem Wortlaut von Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Vorlage eines Erbscheins zum Nachweis des Erbrechts unabhängig davon verlange, ob im konkreten Einzelfall das Erbrecht überhaupt zweifelhaft ist oder ob es auch auf andere – einfachere und/oder kostengünstigere – Art nachgewiesen werden kann, ab. Die umstrittene Klausel stelle es in das Ermessen der beklagten Sparkasse, wann die Berechtigung des Erben „klärungsbedürftig“ sei. Die Verwendung des Wortes „kann“ in Satz 1 und 2 könne nicht einschränkend dahin ausgelegt werden, dass der Sparkasse ein Spielraum zustehe, den sie nur nach „billigem Ermessen“ ausüben dürfe. Doch selbst unter Zugrundelegung eines solchen Entscheidungsmaßstabs würde jedenfalls der weite Spielraum der Billigkeit nicht den Anforderungen an die Eingrenzung und Konkretisierung einer Formularbestimmung genügen.

Die vom Senat so verstandene Klausel gewährt der Beklagten also generell und unabhängig davon, ob im Einzelfall das Erbrecht zweifelhaft ist oder durch andere Dokumente einfacher und/oder kostengünstiger nachgewiesen werden kann, das Recht, auf der Vorlage eines Erbscheins zu bestehen. Dieses uneingeschränkte Recht der Beklagten ist nach Auffassung des Senats mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und benachteiligt die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Zwar habe – so der Senat – eine Sparkasse nach dem Tod eines Kunden grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, der Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme sowohl durch einen etwaigen Scheinerben als auch durch den wahren Erben des Kunden zu entgehen. Daraus folge indes nicht, dass sie einschränkungslos die Vorlegung eines Erbscheins verlangen könne. Vielmehr seien im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung die Interessen des (wahren) Erben, der als Rechtsnachfolger in die Stellung des Erblassers als Vertragspartner der Sparkasse eingerückt sei und auf dessen mögliche Benachteiligung es daher ankomme, vorrangig. Ihm sei regelmäßig nicht daran gelegen, auch in Fällen, in denen er sein Erbrecht unproblematisch anders als durch Vorlage eines Erbscheins nachweisen könne, das unnütze Kosten verursachende und zu einer Verzögerung der Nachlassregulierung führende Erbscheinverfahren anstrengen zu müssen. Ebenso wenig könne er auf die Möglichkeit verwiesen werden, von ihm zunächst – zu Unrecht – verauslagte Kosten später im Wege des Schadensersatzes erstattet zu verlangen.

Schließlich streite auch die Sonderregelung des § 35 Abs. 1 GBO nicht für die Wirksamkeit der angefochtenen Klausel. Die Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen stelle sogar höhere Anforderungen an den Erbfolgenachweis als das Grundbuchrecht.

BGH, Urteil vom 08.10.2013 – XI ZR 401/12

(Quelle: beck-fachdienst Erbrecht, FD-ErbR 2013, 351624)