Eine nach dem Straßenrecht verkehrssicherungspflichtige Gemeinde muss bei gesunden Straßenbäumen auch dann keine besonderen Schutzmaßnahmen ergreifen, wenn bei diesen – wie etwa bei Pappeln oder anderen Weichhölzern – ein erhöhtes Risiko besteht, dass im gesunden Zustand Äste abbrechen und Schäden verursacht werden können. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 06.03.2014 entschieden.

Der Kläger wohnt in einem Mietshaus. Vor dem Wohnblock befinden sich auf beiden Seiten der Straße öffentliche Parkplätze, die auch von den Anwohnern genutzt werden. An die Parkplätze grenzt ein der beklagten Stadt gehörender Grünstreifen, auf dem einige etwa 50-60 Jahre alte Pappeln standen. Der Kläger stellte in den Abendstunden des 12.06.2011 seinen Pkw auf einem der Parkplätze in der Nähe der Pappeln ab. Am nächsten Morgen bemerkte er Schäden an seinem Fahrzeug. Von einer der Pappeln war ein grün belaubter Ast auf das Auto gefallen. Der Kläger hat die beklagte Stadt auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage auf Schadensersatz abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Klage unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Klägers von einem Drittel dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.

Der BGH hat auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der beklagten Stadt das Urteil des OLG aufgehoben und das klagabweisende landgerichtliche Urteil bestätigt. Die Straßenverkehrssicherungspflicht erstrecke sich zwar grundsätzlich auch auf den Schutz vor Gefahren durch Bäume. Die Behörden genügten jedoch ihrer diesbezüglichen Sicherungs- und Überwachungspflicht, wenn sie – zusätzlich zu der stets gebotenen regelmäßigen Beobachtung auf trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder Frostrisse – eine eingehende Untersuchung der Bäume dann vornehmen, wenn besondere Umstände wie das Alter des Baums, sein Erhaltungszustand, die Eigenart seiner Stellung oder sein statischer Aufbau sie angezeigt erscheinen lassen. Ihre diesbezüglichen Pflichten hat die Beklagte, die Baumkontrollen durchgeführt hat, nicht verletzt. Vorliegend seien die Pappel und der den Schaden verursachende Ast vor dem Schadensfall gesund gewesen.

Allein der Umstand, dass bei manchen Baumarten ein erhöhtes Risiko bestehe, dass auch im gesunden Zustand Äste abbrechen, führe nicht dazu, dass diese Bäume als im Verkehrsinteresse grundsätzlich zu beseitigende Gefahrenquellen eingestuft werden müssten und der Verkehrssicherungspflichtige weitergehende Schutzmaßnahmen zu ergreifen hätte. Ein natürlicher Astbruch, für den vorher keine besonderen Anzeichen bestanden haben, gehöre auch bei hierfür anfälligeren Baumarten grundsätzlich zu den naturgebundenen und daher hinzunehmenden Lebensrisiken. Eine absolute Sicherheit gebe es nicht. Die Verkehrssicherungspflicht verlange es nicht, gesunde, nur naturbedingt vergleichsweise bruchgefährdetere Baumarten an Straßen oder Parkplätzen zu beseitigen oder zumindest sämtliche in den öffentlichen Verkehrsraum hineinragenden Baumteile abzuschneiden. Darüber hinaus bedürfe es auch keiner sonstigen Maßnahmen, wie der Absperrung des Luftraums unter Pappeln oder der Aufstellung von Warnschildern.

BGH, Urteil vom 06.03.2014 – III ZR 352/13

(Quelle: Beck online)