Das Leistungsversprechen des Versicherers im Falle eines Brandes beschränkt sich nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs nicht darauf, ihm die in § 2 AFB 87 aufgezählten Sachen zu ersetzen, soweit solche durch den Brand beschädigt sind. Der Versicherer hat auch für die Vermögenseinbußen aufzukommen, die dem Versicherungsnehmer aus Maßnahmen zur Schadenminderung sowie aus Aufräum- und Abbrucharbeiten entstehen. Dabei seien geplante aber noch nicht durchgeführte Aufwendungen ebenfalls erstattungsfähig.

Die Klägerin fordert von ihrem beklagten Feuerversicherer nach einem Brand, bei dem das versicherte Büro- und Verwaltungsgebäude am 14.03.2004 erheblich beschädigt wurde, Abschlagszahlungen für Aufräum- und Abbruchkosten sowie für Schadenminderungskosten. Am 14.10.2004 erklärte die Beklagte den Rücktritt vom Versicherungsvertrag und dessen Arglistanfechtung. Im anschließenden Rechtsstreit wurde – rechtskräftig seit September 2009 – festgestellt, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, der Klägerin den durch den Brand entstandenen Schaden gemäß den Versicherungsbedingungen und den im Sachverständigenverfahren zu treffenden Feststellungen zu ersetzen. Der Sachverständige S. bezifferte in seinem Gutachten vom 12.08.2005 den Zeitwertschaden des Gebäudes auf 654.729 EUR, die Aufräum- und Abbruchkosten auf 181.250 EUR und die Schadenminderungskosten auf 27.070 EUR. Im Gutachten vom 21.11.2007 ermittelte der Sachverständige W. einen Gebäude-Zeitwertschaden von 491.000 EUR, Aufräum- und Abbruchkosten von 397.000 EUR und Schadenminderungskosten von ebenfalls 27.070 EUR.

Die Klägerin meint, die Beklagte sei zur Zahlung eines Abschlags einerseits für die Aufräum- und Abbruchkosten, andererseits für die Schadenminderungskosten in der sich jeweils aus den beiden genannten Sachverständigengutachten ergebenden Mindesthöhe (181.250 EUR und 27.070 EUR) verpflichtet. Die Beklagte verweigert die Abschlagszahlung im Wesentlichen mit der Begründung, die Klägerin fordere Abschläge für sogenannte Nachweispositionen, die erst nach Ausgabe der entsprechenden Beträge durch die Klägerin erstattungsfähig seien.

Nach Ansicht des BGH hat die Klägerin gegen die Beklagte nach § 3 Nr. 1 und Nr. 3a AFB 87 in Verbindung mit § 16 Nr. 1 Satz 2 AFB 87 wegen der Schadenminderungskosten und der Aufräum- und Abbruchkosten Anspruch auf Abschlagszahlungen in Höhe von 20.070 EUR und 181.250 EUR. Dieser Anspruch setze nicht voraus, dass der Versicherungsnehmer die diesbezüglichen Aufwendungen bereits erbracht oder zumindest entsprechende Zahlungsverpflichtungen begründet hat.

Dem Wortlaut des § 3 Nr. 1 und Nr. 3a AFB 87 entnimmt der BGH, dass sich das Leistungsversprechen des Versicherers im Falle eines Brandes im Sinne von § 1 Nr. 1a AFB 87 nicht darauf beschränkt, ihm die in § 2 AFB 87 aufgezählten Sachen zu ersetzen, soweit solche durch den Brand beschädigt sind, sondern der Versicherer auch für die Vermögenseinbußen aufkommt, die dem Versicherungsnehmer aus Maßnahmen zur Schadenminderung sowie aus Aufräum- und Abbrucharbeiten entstehen.

Dass die letztgenannten Versicherungsleistungen jeweils eine Vorleistung oder zumindest eine vertragliche Verpflichtung des Versicherungsnehmers voraussetzten, erschließe sich dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht. Der Begriff könne auch auf künftige Sachverhalte zielen und dabei zum Ausdruck bringen, dass jemand infolge bestimmter Ursachen gezwungen sein wird oder auch freiwillig beabsichtigt, Aufwendungen vorzunehmen. Daran ändere die Formulierung in § 3 Nr. 1 AFB 87 nichts, wonach der Versicherer «Aufwendungen, auch erfolglose, die der Versicherungsnehmer zur Abwendung oder Minderung des Schadens … für geboten halten durfte», zu ersetzen hat. Die im Imperfekt gehaltene Formulierung vermittele dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht, dass er für den Erhalt der Versicherungsleistung auf jeden Fall vorleistungspflichtig sein soll.

Der Begriff der Aufwendungen hat nach Ansicht des BGH auch in der Rechtssprache keine festen Konturen, die es rechtfertigen, ihn ausschließlich in dem vorgenannten, einschränkenden Sinn zu verstehen. Eine gesetzliche Definition finde sich nicht. Soweit der Begriff im BGB verwendet werde, bezeichne er in Abgrenzung zu unfreiwillig erlittenen Schäden die freiwillige Aufopferung von Vermögenswerten im Interesse eines anderen. Der BGH betrachtet es als offensichtlich, dass der Begriff, soweit er im Versicherungsrecht und insbesondere in Allgemeinen Versicherungsbedingungen Verwendung findet, nicht diese Abgrenzungsfunktion erfüllt. Das zeige sich schon daran, dass § 3 AFB 87 keine fremdnützigen Aufwendungen zum Gegenstand hat, sondern solche, die der Versicherungsnehmer zur Beseitigung oder Minderung eines ihm entstandenen Schadens – und mithin auch nicht freiwillig – im eigenen Interesse einsetzt.

BGH, Urteil vom 19.06.2013 – IV ZR 228/12

(Quelle: beck-fachdienst Versicherungsrecht – FD-VersR 2013, 348602)