Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hat in seiner jüngsten Entscheidung die Beschwerde einer Arbeitnehmerin, welche aus einem gerichtlichen Vergleich die Zwangsvollstreckung gegen seinen Arbeitgeber betreiben wollte, zurückgewiesen und damit die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt. Der Fall ist deshalb interessant, weil sich die Problematik in zahlreichen Vergleichen, welche vor dem Arbeitsgericht geschlossen werden, wiederspiegelt.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich. In dessen Ziffer 2 verpflichtete sich der Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis bis zu dessen Beendigung auf Basis eines Bruttomonatsgehalts in Höhe von EUR 1.343,75 brutto abzurechnen und den sich ergebenden Nettobetrag vorbehaltlich auf Dritte übergegangene Ansprüche an die Arbeitnehmerin auszubezahlen.

Der Arbeitnehmerin wurde sodann auch eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs erteilt und von Anwalt zu Anwalt zugestellt. Nachdem die Arbeitnehmerin den Arbeitgeber aufgefordert hatte, insbesondere Ziff. 2 aus dem abgeschlossenen Vergleich zu erfüllen, forderte der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin im Gegenzug auf, Auskunft darüber zu erteilen, ob diese für die Zeit, für welche diese noch Gehalt verlangt, einer anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei und wies gleichzeitig darauf hin, dass eine Erfüllung des Vergleichs erst nach Auskunftserteilung erfolgen könne. Die Arbeitnehmerin war hingegen der Auffassung, dass durch den Vergleich klargestellt sei, dass im Vergleich auf eine Anrechnung anderweitigen Erwerbs verzichtet wurde und leitete über das Arbeitsgericht die Zwangsvollstreckung ein. Das Arbeitsgericht wies den Antrag allerdings mit der Begründung zurück, dass die Arbeitnehmerin über den Bezug anderweitigen Verdienstes keine Auskunft erteilt habe. Die sofortige Beschwerde gegen diese Entscheidung vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg war erfolglos.

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg folgte zum einen der Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich schon deshalb unzulässig sei, weil die Frage, ob in diesem Vergleich auf die Anrechnung anderweitigen Erwerbs durch die Formulierung der Ziff. 2 verzichtet wurde, eine Frage der Auslegung nach den §§ 133,157 BGB sei. Diese bestehenden Unsicherheiten könnten aber nicht im Zwangsvollstreckungsverfahren behoben werden. Es sei nicht Aufgabe der Vollstreckungsorgane ‒ auch nicht des Prozessgerichts, das für die Zwangsvollstreckung an sich zuständig ist ‒ die dem Konflikt zugrunde liegenden materiell-rechtlichen Fragen zu klären. Das sei vielmehr Aufgabe des Prozessgerichts im Erkenntnisverfahren.

Ein weiteres Problem sah das Landesarbeitsgericht Nürnberg zudem darin, dass im Vergleich bezüglich des Zeitraums der zu erteilenden Abrechnungen nur „bis zum Austrittstermin“ angegeben war. Der Austrittstermin ließe sich zwar infolge der Regelung in Ziff. 1 des Vergleichs bestimmen, dies gelte aber nicht für den Beginn der Abrechnungspflicht, hierzu enthielt der Vergleich gerade keine Angabe.

Praxistipp:

Für die arbeitsgerichtliche Praxis von Arbeitnehmervertretern bedeutet dies, dass im Hinblick auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg zukünftig darauf zu achten ist, dass bei Vergleichen, bei denen die Abrechnung und die Auszahlung noch offener Gehälter geregelt werden soll, der Zeitraum, für welchen Abrechnungen zu erteilen und diese Beträge ausgezahlt werden sollen, eindeutig angegeben werden sollte. Die alleinige Angabe „bis zum Austrittstermin“, wie dies üblicherweise formuliert wird, kann nach der oben zitierten Entscheidung schon zur Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung führen. Ebenso sollte im Vergleich geklärt werden, ob anderweitiger Verdienst nach § 615 Satz 2 BGB anzurechnen ist oder nicht, wenn es dem Arbeitnehmer darum geht, seine offenen Gehaltszahlungen zeitnah im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen zu können.

LAG Nürnberg Beschluß vom 11.09.2017 – 7 Ta 28/17