Eine Klausel, die die Herabsetzung der Höhe des Krankentagesgeldes und des Versicherungsbeitrages für die Zukunft beim Absinken des Nettoeinkommens des Versicherungsnehmers vorsieht, ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts München weder ungewöhnlich noch unangemessen.

Der Kläger verlangt von der beklagten Versicherung Krankentagegeldleistungen sowie die Feststellung, dass in seinem bestehenden Krankentagegeldversicherungsvertrag die ursprünglich vereinbarte Höhe des Krankentagegeldes fortbesteht. Der Kläger, der von Beruf Versicherungskaufmann ist, schloss nach Beginn seiner Selbstständigkeit im Februar 1985 bei der Beklagten eine Krankentagegeldversicherung ab. Er leidet seit Ende 1998 an inzwischen chronifizierten Bandscheibenproblemen und hatte nach 1998 einen ersten Herzinfarkt erlitten. Infolgedessen war er seither immer wieder zeitweise bis zu 100% arbeitsunfähig. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit belief sich für die Jahre seit 1999 auf durchschnittlich 4–5 Monate pro Jahr. Im Jahr 2008 hat der Kläger einen weiteren Herzinfarkt mit der Folge einer dreivierteljährlichen Arbeitsunfähigkeit erlitten.

Bei Abschluss der Versicherung und vor seiner Erkrankung Ende 1998 erzielte er ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 2.400 EUR. Im Zusammenhang mit den in den Folgejahren bei der Beklagten eingereichten Anträgen auf Krankentagegeld nahm er stets auf dieses Einkommen Bezug, obwohl das Einkommen aufgrund der wiederholten Arbeitsunfähigkeit seit dem Jahr 1998 deutlich gesunken war. Mit Schreiben vom 11.08.2012 erbat die Beklagte vom Kläger einen Nettoeinkommensnachweis, woraufhin dieser seinen Einkommensteuerbescheid für 2008 übersandte, der als jährliche Bruttoeinkünfte aus Gewerbebetrieb 5.284 EUR auswies. Im Hinblick darauf kündigte die Beklagte eine Anpassung des Krankentagegeldes und die Verringerung des Beitrages auf 20 EUR an. Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte richtigerweise auf Basis der ursprünglich vereinbarten Krankentagegeldhöhe mit einem Tagessatz von 81,81 EUR hätte abrechnen müssen.

Dem geltend gemachten Anspruch des Klägers steht nach Ansicht des OLG München entgegen, dass die Beklagte mit ihren Schreiben vom 31.08.2010 und vom 07.09.2010 wirksam eine Anpassung des Krankentagegeldes und des Beitrages an die geänderten Einkommensverhältnisse gemäß § 4 Abs. 4 MB/KT vorgenommen hat. Bei dieser Bestimmung handele es sich weder um eine objektiv ungewöhnliche Klausel noch wohne ihr ein Überrumpelungseffekt inne.

Die Klausel sei mit «Umfang der Leistungspflicht» überschrieben und verweise zunächst für Höhe und Dauer der Versicherungsleistungen auf die Tarifbedingungen. Sie enthalte Bestimmungen zur Höhe des Krankentagegeldes in Bezug auf das Nettoeinkommen des Versicherten. Insbesondere soll das Krankentagegeld das aus der beruflichen Tätigkeit herrührende Nettoeinkommen nicht übersteigen. Die Bestimmung zur Herabsetzungsmöglichkeit diene dem Zweck, dem Versicherer im Laufe einer auf langjährige Dauer angelegten Vertragsbeziehung die Möglichkeit zu geben, auf eine Änderung der Vertragsgrundlage in Form eines Absinkens des Einkommens des Versicherten zu reagieren, um unangemessene Anreize für eine Inanspruchnahme der Versicherungsleistung in vereinbarter Höhe zu vermeiden. Das sei weder ungewöhnlich noch überraschend.

Nach herrschender Lehre werde die Klausel als wirksam angesehen, weil sie einem berechtigten Interesse des Versicherers daran Rechung trage, eine Erhöhung des subjektiven Risikos zu vermeiden. Eine Versicherung, bei der im Fall der Arbeitsunfähigkeit höhere Einkommen erzielt werden als durch die Arbeitstätigkeit, berge erhebliche Risiken, so dass ein berechtigtes Interesse des Versicherers anzuerkennen sei. Die Klausel sei auch nicht deswegen unbillig, weil sie nicht nach den Gründen für das gesunkene Einkommen differenziert und damit auch zu einer Herabsetzungsmöglichkeit bei nicht nur vorübergehenden Einkommensminderung führt, die mit krankheitsbedingten Fehlzeiten und damit mit dem abgesicherten Risiko im Zusammenhang stehen.

Die Krankentagegeldversicherung sichere nicht etwaig negative Auswirkungen von Arbeitsunfähigkeitszeiten auf die Erwerbsmöglichkeiten in gesunden Tagen ab. Die Voraussetzungen, unter denen § 4 Abs. 4 MB/KT eine Herabsetzung des Krankentagegeldes und des Beitrages durch den Versicherer für die Zukunft zulässt, waren vorliegend im Herbst 2010 erfüllt. Der von der Beklagten vorgenommene Ansatz eines Tagessatzes von zukünftig 20 EUR bei entsprechend gemindertenm Beitrag war somit nach Auffassung des OLG München nicht zu beanstanden.

OLG München, Urteil vom 27.07.2012 – 25 U 4610/11

(Quelle: beck-fachdienst Versicherungsrecht – FD-VersR 2012, 336657 )