Haben sich die Ehegatten in einem notariellen Erbvertrag zu Alleinerben und die gemeinsamen Abkömmlinge zu Schlusserben eingesetzt und bestimmt, dass ein Abkömmling bei Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Erstversterbenden auch nach dem Letztversterbenden nur den Pflichtteil erhalten soll (Pflichtteilsstrafklausel), so ist einem Einzelkind bei der Grundbuchberichtigung nach dem letztverstorbenen Elternteil regelmäßig die Möglichkeit einzuräumen, durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung den Nachweis des Nichteintritts der auflösenden Bedingung und des Nichtvorhandenseins weiterer Abkömmlinge zu führen.

Die im Grundbuch als Eigentümerin eingetragene Erblasserin hatte im Jahr 1964 mit dem vorverstorbenen Ehegatten einen Erbvertrag errichtet, wonach Erben des Zuletztversterbenden die Abkömmlinge aus der Ehe sein sollten. Für den Fall, dass ein Abkömmling beim Tod des Zuerstversterbenden seinen Pflichtteil verlangen sollte, sollte er auch beim Tod des Zuletztversterbenden nur den Pflichtteil erhalten.

Die Erbin hat unter Bezugnahme auf die Nachlassakten einen Antrag auf Grundbuchberichtigung gestellt. Das Grundbuchamt hat im Wege einer Zwischenverfügung die Vorlage eines Erbscheins verlangt, da die Nichtgeltendmachung des Pflichtteils nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden könne. Dagegen richtet sich die Beschwerde, mit der geltend gemacht wird, dass die Vorlage eines Erbscheins unverhältnismäßig erscheine und die Beteiligte statt dessen bereit sei, den Sachverhalt im Rahmen einer eidesstattlichen Versicherung zu bestätigen. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Aufgrund der in dem Erbvertrag enthaltenen Pflichtteilsstraf- bzw. sanktionsklausel steht die Schlusserbeinsetzung in dem Erbvertrag unter der (auflösenden) Bedingung (§ 158 II BGB), dass die Beteiligte nach dem Tod ihres Vaters keine Pflichtteilsansprüche gegen ihre Mutter geltend gemacht hatte. Damit ist die Tatsache des Nichtverlangens des Pflichtteils nach dem Erstverstorbenen Wirksamkeitsvoraussetzung für die Erbeinsetzung nach dem Längerlebenden und damit für die Grundbuchberichtigung.

Der Senat will entgegen einer älteren Mindermeinung (LG Stuttgart, BWNotZ 1988, 163; Meyer-Stolte, Rpfleger 1992, 195, 196) auf einen Nachweis dieser negativen Tatsache nicht völlig verzichten, weil der Nichteintritt der Bedingung, nämlich die Geltendmachung des Pflichtteils, nicht offenkundig im Sinne des § 29 I 2 GBO sein könne (So auch OLG Hamm, ZEV 2011, 592, 593).

Die daran sich anschließende Frage, in welcher Form der Nichteintritt dieser Tatsache gegenüber dem Grundbuchamt nachzuweisen ist, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Die einen halten eine eidesstattliche Versicherung für ausreichend (OLG Köln, ZEV 2010, 97; OLG Hamm, a.a.O.; Völzmann, RNotZ 2012, 380, 384; Bestelmeyer, Rpfleger 2012, 666, 677), während die anderen immer einen Erbschein verlangen wollen (OLG Frankfurt, FamRZ 2012, 1591 [unter Abkehr von NJW-RR 1994, 203]; Böhringer, ZEV 2001, 387, 388; Bauer/von Oefele/Schaub, GBO, 3. Aufl., § 35 Rn. 135).

Der Senat schließt sich mit folgender Begründung der zuerst genannten Auffassung an, die eine Nachweisführung aufgrund einer eidesstattlichen Versicherung nicht ausschließt:

Der Nachweis einer Negativtatsache habe im Grundbuchverfahren zwangsläufig eine Nachweislücke zur Folge, während das Nachlassgericht ohne weitere Ermittlungen eine eidesstattliche Versicherung gemäß § 2356 II BGB der Erbscheinserteilung zugrunde legen würde (BayObLG, NJW-RR 2003, 736). Auch im Falle einer Pflichtteilsstrafklausel scheide die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung als Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt nicht von vorneherein aus. Zwar treffe es zu, dass einer solchen Versicherung – zumal bei der Versicherung des einzigen Erbprätendenten – nur ein verminderter Beweiswert zukommen könne. Dies rechtfertige es aber nicht, einen Beweis in dieser Form von vorneherein auszuschließen, sondern führe lediglich dazu, dass im Rahmen der Beweiswürdigung die Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden müssten. Die abstrakte Möglichkeit, dass die Versicherung falsch sein könne, genüge dagegen nicht, die Vorlage eines Erbscheins zu verlangen.

Der Senat verlangt allerdings – im vorliegenden Fall – mit Blick auf den durch die Eigeninteressen des Antragstellers eingeschränkten Beweiswert seiner eidesstattlichen Versicherung auch eine Versicherung aller anderen Kinder, die aus der Ehe der Erblasserin hervorgegangen sind.

Schließlich hebt der Senat hervor, dass trotz dieser eidesstattlichen Versicherungen die Beweisführung nicht zwingend erfolgreich sein müsse. Sollte sich nämlich – so der Senat – herausstellen, dass die Richtigkeit der eidesstattlichen Versicherung insgesamt oder teilweise fraglich erscheine, könne das Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins verlangen, wenn sich die Zweifel hinsichtlich der Erbfolge nur durch weitere Ermittlungen tatsächlicher Art klären ließen.

OLG München, Beschluss vom 11.12.2012 – 34 Wx 433/12

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