Die Volkswagen AG muss dem Käufer eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB Schadenersatz leisten, obwohl die Klage erst im Jahr 2019 erhoben wurde. Dies hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart entschieden, der die Ansprüche – anders als der 10. Zivilsenat des OLG Stuttgart nicht als verjährt ansieht. In dem Urteil vom 30.04.2020 (Az.: 7 U 470/19) wurde die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

2012 wurde von Dieselskandal betroffener VW erworben

Der Kläger hatte im Jahr 2012 ein Neufahrzeug des Typs VW Sharan bei einem Händler erworben. In diesem war eine Umschalteinrichtung verbaut, die erkennen konnte, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte befand, und in diesem Fall die Abgasrückführungsrate mit der Folge geringeren Stickoxidausstoßes erhöhte. Der Kläger machte wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung Schadenersatzansprüche geltend. Das Landgericht Heilbronn hatte erstinstanzlich die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Das OLG hat ihr dagegen überwiegend stattgegeben.

OLG hält Schadenersatzansprüche für nicht verjährt

Der 7. Zivilsenat stellte – wie zuvor in anderen Fällen – fest, dass der Volkswagen AG ein sittenwidrig vorsätzliches Handeln vorzuwerfen sei. Entgegen der Auffassung des LG seien die mit der am 25.02.2019 erhobenen Klage geltend gemachten Schadenersatzansprüche nicht verjährt. Die Verjährungsfrist betrage drei Jahre und beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger (hier der Kläger) von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Weder Kenntnis noch vorzuwerfende Unkenntnis von Anspruch begründenden Tatsachen

Weder für eine Kenntnis des Klägers noch für eine grob fahrlässige Unkenntnis ergäben sich bis zum Schluss des hier relevanten Jahres 2015 ausreichende Anhaltspunkte, meint der 7. Zivilsenat. Die öffentlich verbreiteten Informationen durch die Adhoc-Mitteilung der Beklagten vom 22.09.2015 und die nachfolgende Presseberichterstattung ließen nicht auf eine hinreichende Kenntnis oder eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom sogenannten Dieselskandal und von einem vorsätzlich sittenwidrigen Handeln der Beklagten schließen. Dem Kläger sei eine grobe Fahrlässigkeit auch nicht deshalb vorzuwerfen, weil er von der Möglichkeit, auf einer von der Beklagten eingerichteten Internetplattform die Betroffenheit seines Fahrzeugs zu überprüfen, nicht schon im Jahr 2015 Gebrauch gemacht habe. Zu diesem Zeitpunkt habe ihm sich – trotz der Medienberichterstattung – ein aktives Bemühen um die Feststellung der Betroffenheit seines Fahrzeugs noch nicht aufdrängen müssen.

Verjährung mit 2019 erhobener Klage gehemmt

Die Verjährung, die danach frühestens mit dem Ablauf des Jahres 2016 begonnen habe, sei deshalb durch die am 25.02.2019 erhobene Klage rechtzeitig gehemmt worden.

Diese Auffassung vertritt auch das OLG Koblenz, welches in einer Entscheidung vom März 2020 ebenso entschieden hat wie nunmehr das OLG Stuttgart.

OLG Stuttgart, Urteil vom 30.04.2020 – 7 U 470/19

OLG Koblenz , Urteil vom 13.03.2020 – 8 U 1351/19

(Quelle: Beck online)