Auch in einem wegen Bezugs einer befristeten Erwerbsminderungsrente ruhenden Arbeitsverhältnis entsteht Jahr für Jahr der gesetzliche Mindesturlaub. Dieser Anspruch verfällt nicht mit dem Ende des Übertragungszeitraums (§ 7 Abs. 3 BUrlG ).

Die schwerbehinderte Klägerin ist bei der Beklagten beschäftigt. Nachdem die Klägerin im Jahre 2008 noch vier Urlaubstage in Anspruch genommen hatte, ruhte das Arbeitsverhältnis seit dem 1. November 2008, da die Klägerin zunächst eine befristete Erwerbsunfähigkeitsrente und später dann eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezog. Das Arbeitsverhältnis wurde am 30. April 2011 beendet.

Die Klägerin machte eine Abgeltung ihres Urlaubs für die Jahre 2008 bis 2010 sowie anteilig für 2011 geltend.

Die Beklagte entgegnet, dass der Fall der Erwerbsminderung nicht mit dem der Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen sei. Denn im Fall der Erwerbsminderung ersetze die Rentenzahlung nicht nur die Vergütung, sondern quasi auch den Urlaubsanspruch. Die Urlaubsansprüche würden während des Ruhens nicht erlöschen, sondern gar nicht erst entstehen.

Die Klägerin hat für die Jahre 2009 und 2010 sowie die ersten vier Monate des Jahres 2011 Anspruch auf Abgeltung ihres gesetzlichen Jahresurlaubs gemäß § 7 Abs. 4 BUrlGExterner Link sowie des Zusatzurlaubs gemäß § 125 SGB IX, entschied das LAG Berlin-Brandenburg.

Der gesetzliche Urlaubsanspruch könnte allenfalls auf der Grundlage einer gesetzlichen Vorschrift entfallen, die anordnen würde, dass für den Zeitraum des Ruhens des Arbeitsverhältnisses wegen des Bezugs einer befristeten Erwerbsminderungsrente der Arbeitgeber den Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat um 1/12 kürzen kann. An einer solchen gesetzlichen Vorschrift fehlt es jedoch sowohl im BUrlG, im SGB IX wie auch im SGB VI. Deshalb besteht der Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Urlaubs einschließlich des Urlaubs nach § 125 SGB IX fort.

Hinzuweisen ist insoweit auch auf § 1und § 4 BUrlG. Danach gibt es für das Entstehen des Urlaubsanspruches nur zwei Tatbestandsvoraussetzungen; den Bestand des Arbeitsverhältnisses und den Ablauf der Wartefrist. Die Tatsache, dass die Klägerin wiederum während des Ruhens seines Arbeitsverhältnisses keine Arbeitsleistung erbracht hat, wirkt sich ebenso wenig auf die Entstehung des Urlaubsanspruches aus wie bei einem Arbeitnehmer, der aufgrund dauernder Arbeitsunfähigkeit die Arbeitsleistung nicht erbrachte.

Hinzu kommt, dass beim ruhenden Arbeitsverhältnis lediglich die wechselseitigen Hauptleistungspflichten entfallen. Die Pflicht des Arbeitgebers zur Urlaubsgewährung ist dagegen eine auf Gesetz beruhende Nebenpflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis. Diese Nebenpflicht wird durch das Ruhen des Arbeitsverhältnisses nicht tangiert.

Die Revision wurde zugelassen, da es zur Frage des Urlaubsanspruchs und der daraus resultierenden Urlaubsabgeltung nach einem ruhenden Arbeitsverhältnis noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt.

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.07.2012; Aktenzeichen: 10 Sa 368/12

(Quelle: Rechtsprechungsdatenbank Berlin-Brandenburg)